Studio Felder _ Eine Wetterstation
Objekt: Entwurfskurs Universität LiechtensteinRealisation: Sommersemester 2010
Im konstruktiven Studio des zweiten Semesters haben wir die Erfahrungen aus dem ersten Semester vertieft und DAS HANDWERK DER ARCHITEKTUR um weitere INSTRUMENTE ergänzt. Die physische Erfahrung beim Bearbeiten von MATERIAL in unterschiedlicher Abstraktion und Massstäblichkeit hat uns weiter beschäftigt. Neben dem Modell diente die Zeichnung, das Bild und der Text zur Entwicklung und Darstellung der Entwurfsidee.
SPEZIFISCHE ARCHITEKTUR
Ein Gebäude zur Erforschung und Beobachtung von Wind und Wetter. Ein Gebäude welches auf seine physische Umgebung spezifisch reagiert. Der Alpine Raum als Forschungsfeld. Wir entwerfen eine Kleinarchitektur mit einem spezifischen Programm an einem spezifischen Ort. Eine WETTERSTATION. In Kurzübungen nähern wir uns dem Thema und entwerfen ein Gehäuse welches mehr kann als nur beherbergen. Wie ist das Verhältnis zur Topographie? Wie beeinflusst die Bewitterung die Struktur, die Hülle, die Räume und die Gestalt? Welches Material und welche Konstruktionsweise eignen sich besonders? In welchem Verhältnis steht das Innere zur Umgebung und wie sieht ein Fenster aus? In einer Kleinarchitektur die sowohl Labor wie Unterkunft ist bringen wir die verschiedenen Themen zur Synthese.
Labor - Experiment - Messinstrument
Ein primärer Anspruch an die Architektur ist Schutz zu bieten. Schutz vor der Witterung, Schutz vor Regen und Kälte, aber auch vor Trockenheit und Hitze. Das Klima ist eine der wichtigen Einfluss-Grössen auf einen bestimmten Lebensraum und somit auch auf die Kultur, die sich in diesem Lebensraum abspielt und entwickelt. Die Architektur - als Teil der Kultur in einem bestimmten Lebensraum -, reagiert auf die äusseren Einflüsse und weist je nach den klimatischen Umständen unterschiedliche Ausformulierungen auf. Wie beeinflusst das Umfeld die Architektur? Wie reagiert die Architektur darauf? Kann Architektur die Umgebung Messen, Beobachten oder Beeinflussen?
Uns interessiert, wie sich diese Einfluss-Faktoren auf die jeweilige Architektur auswirken und wie diese darauf reagiert und sich entsprechend anpasst. Uns interessieren lowtech-Lösungen und -Konzepte, die mit ‘un’-technischen Ansätzen intelligent auf Einflüsse reagieren. Wie kann man baulich Einfluss nehmen? Speichermasse statt Vakuum-Isolation. Kamin-Lüftung statt Klimaanlage.
Ökonomie der Mittel
Am Beispiel von einfachen archaischen Architekturen lassen sich unterschiedliche Lösungen gut studieren. Der haushälterische Umgang mit den spärlich vorhandenen Mitteln bedingt intelligente Lösungen und führt zu prägnanten Lösungen.
Input - Output
Starker Niederschlag - Kräftige Winde - Grosse Hitze - Extreme Kälte
Wir entwickeln ein Szenario
Wie reagiert die Architektur auf Schneelast, Winddruck, Temperatur und Feuchtigkeit? Wie kann man Kräften widerstehen, diese umlenken oder ableiten? Kann Architektur ein Messinstrument sein? Entwickeln Sie eine Versuchsanordnung und führen Sie ein Experiment durch. Formulieren Sie in einem Text, durch Skizzen und Schemas die Versuchsanordnung und den Ablauf des Experimentes - Ausgangslage, Einwirkung, zu erwartendes Resultat.
Form und Material
Entwickeln Sie nun eine Form aus einem bestimmten Material und führen Sie die Testreihe durch. Wählen Sie ein bestimmtes (Bau)Material und setzen Sie dieses den Kräften aus. Wie verändert sich die Form? Wie reagiert das Material?
Physische Kraft > Deformation, Zusammenbruch, Widerstand
Feuchtigkeit > Auflösen, Verfliessen, Verdichten
Hitze > Karbonisieren, Verfliessen
Kälte > Erstarren
Wetterhaus _ 1 : 1
Nach dem eher abstrakten Szenario wechseln wir zum konkreten Material und fokussieren auf den Massstab 1 : 1. Wir bauen ein Gehäuse mit einer bestimmten Eigenschaft. Es bietet Raum für Kopf und Brust. Das Gehäuse soll schützen und abschirmen, aber auch atmen und sehen können. Entwickeln Sie eine geeignete Konstruktion und nutzen Sie die Eigenschaften des Materials. Ein selbstragendes Gitter oder Geflecht, ein filigranes Stabwerk mit Verkleidung oder ein massiver Körper mit Löchern? Wählen Sie zwischen Leicht- und Massivbau. Achten Sie auf Verbindungsstellen, auf die Struktur des Details und des Ganzen. Tragen Sie das Gehäuse am eigenen Leib und machen Sie einen Bewitterungstest.
Wetterhaus _ collage
Das Verhältnis zur Topographie. Suchen Sie einen Ort in der Südöstlichen Gebirgskette des Alpsteins. Zwischen Säntismassiv und Rheintal, vom Hohen Kasten zu den Kreuzbergen. Wir befinden uns an einer exponierten Lage. Wie ist Ihr Bauplatz charakterisiert? Liegt dieser auf dem Gipfel oder geschützt in einer Mulde, an einem Bergsee oder an einem Bach. Wählen Sie ein ihrem Szenario entsprechendes Gelände. Verorten Sie nun ihr Gehäuse und passen Sie dieses dem spezifischen Gelände an. Wie ist das Verhältnis zwischen Gehäuse und Gelände? Verschmilzt das Gehäuse mit dem Felsen oder berührt es diesen nur mit ‘Stelzen’? Erstellen Sie eine Bildcollage.
Wetterhaus _ anatomie
Wir untersuchen das Innere und den Aufbau des Gehäuses. Wir interessieren uns für die Gestalt, die Lage und die Struktur der Teile. Legen sie verschiedene Schnitte durch ihr Gehäuse und das Gelände – Horizontal und Vertikal – und erforschen sie die konstruktiven Schichten, den strukturellen Aufbau und die Räume. Wie ist das Verhältnis von Membran und Struktur? Wie ist das Verhältnis von Masse und Leere, von Körper und Raum? Legen sie das Innere frei und machen sie es sichtbar. Wie sieht dieses aus? Gibt es eine Aushöhlung, eine Kammerung oder eine Schichtung von Räumen? Nutzen sie die Möglichkeiten der Zeichnung.
Wetterhaus _ synthese
Das aus den verschiedenen Vorübungen – szenario, 1:1, collage, anatomie – resultierende Projekt bildet die Ausgangslage für Ihre Arbeit bis zum Semesterende. Bringen Sie nun das Wetterhaus zur Synthese. Ziel der Weiterentwicklung Ihres Projektes ist das Erreichen einer möglichst hohen Kongruenz von Konstruktion, Nutzung, räumlicher Struktur, Materialisierung und Örtlichkeit. Die Erkenntnisse aus der Zwischenkritik werden dabei helfen.
Ihr Projekt muss sich neuen Bedingungen stellen: 1. Legen Sie die spezifische Nutzung Ihres Gebäudes fest und formulieren Sie ein entsprechendes Raumprogramm -mit einem oder mehreren Räumen für die Spezifische Nutzung gemäss Ihrem Szenario, Übernachtungsmöglichkeit für 6 Personen und den nötigen Nebenräumen-. 2. Wählen Sie nun ein Baumaterial und entscheiden Sie sich für Massiv- oder Leichtbau. Erarbeiten Sie ein Traggerüst und eine Raumstruktur. Im Modell untersuchen Sie die Hierarchie der Teile, die Knoten- und Auflagerpunkte. Stützen Sie sich auf die Erfahrungen aus der Übung reKonstruktion. Suchen Sie ein gültiges Referenzbeispiel. 3. Konkretisieren Sie den gewählten Bauplatz. Die Verankerung im Gelände und die Reaktion auf die unmittelbare Umgebung geben weitere Hinweise für Ihre architektonischen Entscheidungen.
Wetterhaus _ insideout
Im letzten Schritt haben Sie das Wetterhaus zur Synthese gebracht. Neben der Nutzung, Traggerüst und Raumstruktur und der Verankerung am Ort, interessiert im Folgenden die Konstruktion der Gebäudehülle. Im Sinne einer Weiterbearbeitung, Schärfung und Vertiefung des Projektes studieren wir das Fenster. Das Fenster als Schnittstelle von Innen und Aussen. Das Fenster als Störung des Systems oder als Teil der Struktur. In welchem Verhältnis stehen Traggerüst und Gebäudehülle und wie ist der konstruktive Schichtaufbau? Ist die Gebäudehülle perforiert, aufgerissen oder einfach weggelassen? Wie verbindet sich die innere mit der äusseren Haut? Wie ist der Ausdruck und Charakter Ihres Wetterhauses? Entwickeln Sie die Gebäudehülle am Strukturmodell. Wählen Sie einen repräsentativen Ausschnitt.